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Sonnenklar 1.8.2012 Einspeisevergütung: (beinahe) eine Erfolgsgeschichte von Eric Nussbaumer, Nationalrat und Roger Nordmann, Nationalrat Fast 17 000 Anlagen, die erneuerbare Energie produzieren würden, sind bereit zum Bau. Nur die Beschränkung der kostendeckenden Einspeisevergütung steht der Realisation noch im Wege. Eine Bestandesaufnahme. Die Einführung der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) ist die Geschichte eines Systems, das vom eigenen Erfolg überrollt wurde. In den Jahren 2006 und 2007 war es uns am Rande der Erarbeitung des Schweizer Stromversorgungsgesetzes gelungen, ein minimiertes KEV-System einzuführen. Das ging aufgrund des Widerstands der Nuklearlobby allerdings nicht ohne Kompromisse: Ein kompliziertes System mit Kostendeckel und Teildeckeln, die die Wirksamkeit der KEV einschränkten und die die Förderung der Fotovoltaik auf ein Minimum beschränkten, war die Folge. Das Wichtigste war damals, das System überhaupt zu starten, um nachzuweisen, dass es funktioniert. Die Erwartungen wurden übertroffen Die KEV hat unsere Erwartungen weit übertroffen: Seit den ersten Tagen erlebt die Anmeldestelle einen Ansturm von künftigen Stromproduzenten. Angesichts der nicht ausreichenden Mittel und diverser Einschränkungen mussten viele Anmeldungen auf eine Warteliste gesetzt werden. Die Länge der Liste wäre der Sowjetunion würdig gewesen. Die lange Liste erzeugte – noch vor der Katastrophe von Fukushima – grossen Druck auf die Politik. Dieser ermöglichte es uns, den KEVZuschlag von maximal 0,6 auf 0,9 Rappen pro verbrauchte Kilowattstunde anzuheben. Eine erfolgreiche Bilanz Die Bilanz kann sich sehen lassen (Stand Ende Juni 2012): • Rund 4290 von der KEV geförderte Anlagen sind in Betrieb. Sie liefern 1240 Gigawattstunden Strom pro Jahr. Das entspricht 2,1 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs. • 2042 weitere Anlagen haben eine KEV-Bewilligung erhalten, sind aber noch nicht fertiggestellt. Sind sie einmal in Betrieb, werden sie zusammen jährlich 3078 Gigawattstunden Strom produzieren. • Gesamthaft würden die Anlagen, die bereits in Betrieb sind, und diejenigen, die eine KEV-Zusage erhalten haben, 4300 Gigawattstunden Strom erzeugen. Das sind 7,1 Prozent des Stromverbrauchs der Schweiz. Diese Zahl ist beachtlich, weil sie bereits einen Sechstel des Nuklearstroms deckt, den wir ersetzen wollen. Diese erfreuliche Bilanz wird jedoch durch die Länge der Warteschlange getrübt: 16 797 projektierte Anlagen stehen zum Bau bereit! Ihre Jahresproduktion würde 5100 Gigawattstunden Strom betragen. Damit könnten zusätzlich fast 9 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs gedeckt werden. Zwar wird in den nächsten Monaten eine kleinere Anzahl von Anlagen (vor allem Fotovoltaik) eine Zusage der KEVMeldestelle erhalten, die Warteschlange wird trotzdem weiter wachsen. Die Situation ist absurd: Die Projekte sind baureif, die Investoren stehen bereit und die Schweiz braucht umweltfreundlichen Strom, doch alles wird von Entscheiden blockiert, die die Nuklearlobby im Parlament – noch vor Fukushima – durchsetzen konnte. Strategien zur Deblockierung Im April hat der Bundesrat endlich anerkannt, dass die KEV das System der Zukunft ist, um die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen zu entwickeln. Er hat eine komplette Aufhebung des KEV-Kostendeckels angekündigt. Als Bestandteil des Gesetzespakets zum Atomausstieg würde diese Massnahme jedoch erst am 1. Januar 2016 in Kraft treten, wenn man sich vor Augen hält, wie umfangreich das Paket ist und wie langsam die politischen Institutionen in der Schweiz arbeiten. Wir dürfen aber nicht noch vier Jahre warten. Das würde zu einer fatalen Stagnation der Stromversorgung, der Beschäftigung und des Know-hows führen. Aus diesem Grund hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates eine partielle, vorgezogene Deblockierung vorgeschlagen. Nach einigem Zögern stimmte die Schwesterkommission des Ständerates diesem Vorschlag zu. Eine Subkommission, der auch die Verfasser dieses Beitrages angehören, konnte danach die Ausarbeitung der notwendigen Gesetzesänderungen in Angriff nehmen. Die neuen Regelungen würden schon am 1. Januar 2014 in Kraft treten. Erklärtes Ziel ist es, die bestehende Warteschlange abzubauen. Nach dieser dringend notwendigen Deblockierung wird es auch darum gehen, die administrative Verwaltung der KEV zu vereinfachen und Net Metering zu fördern. Beim Net Metering wird der im Netz eingespeiste Strom mit dem aus dem Netz bezogenen Strom verrechnet. Im Moment legt vor allem die Fotovoltaik zu: Von 2010 bis 2011 hat sich die Stromproduktion aus PV-Anlagen verdoppelt und deckt heute 0,3 Prozent des nationalen Stromverbrauchs ab (Anlagen mit und ohne KEV-Bewilligung). Diese Popularität erstaunt kaum: In den letzten vier Jahren haben sich die Installationskosten halbiert – der Trend setzt sich fort. Ausserdem ist die Akzeptanz in der Bevölkerung ausgezeichnet, solange die Panels auf Gebäuden installiert werden. Übrigens ist in der Änderung zum Raumplanungsgesetz vorgesehen, dass für Solaranlagen auf Dächern künftig in den meisten Fällen keine Baubewilligung mehr nötig sein wird.
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Contact: Roger Nordmann, Rue de l'Ale 25, 1003 Lausanne, Twitter @NordmannRoger 1.04.2017 |