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Roger Nordmann

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Jahrespressekonferenz, 20. Januar 2011

Der Energiewende muss eine Wende in der Verkehrspolitik folgen oder: Warum FABI nicht genügt

Roger Nordmann, Vize-Präsident des VCS

Seit zwei oder drei Jahren, seit nämlich der VCS Verkehrs-Club der Schweiz zusammen mit zahlreichen Partnerorganisationen die Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» (öV-Initiative) lancierte, wird übers Geld geredet. Parteien und Interessenverbände befassen sich mit der Frage, wie der öffentliche Verkehr künftig finanziert werden soll.

Und das ist gut so.

Zu lange liess der Bundesrat wichtige Fragen offen. Er äusserte sich weder dazu, wie rasch das Schienennetz ausgebaut werden soll noch erläuterte er, welche Ausbauschritte nach dem ZEB-Programm folgen sollen. Vor allem aber legte sich der Bundesrat lange Zeit nicht fest, wie der Ausbau und Unterhalt des Schienennetzes nach dem Auslaufen des FinöV-Fonds finanziert werden soll. Die öV-Initiative erwies sich hier als wichtiger Impulsgeber. Unter dem Druck des Volksbegehrens legte Verkehrsministerin Doris Leuthard den Gegenvorschlag «Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur» (FABI) vor. Gleichzeitig präsentierte sie das Strategische Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (STEP), dessen erste Etappe bereits fest steht.

Als Doris Leuthard genau heute vor einem Jahr die Grundzüge von FABI präsentierte, sprach der VCS davon, einen ersten Erfolg errungen zu haben. Diese Einschätzung gilt immer noch, obwohl der Bundesrat nach der Vernehmlassung weitere Konzessionen an die Autoverbände machte. Trotzdem muss festgehalten werden, dass der Bundesrat sich zur Bahn und zum öffentlichen Verkehr bekannt hat. Er bekundet seine Bereitschaft, den öffentlichen Verkehr auch in Zukunft weiter auszubauen und ein leistungsfähiges Netz aufrecht zu erhalten.

Ein Schritt in die richtige Richtung

FABI und STEP sind also nicht nur gut tönende Kürzel, sie sind – um das auf der Hand liegende Wortspiel aufzugreifen – ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist deshalb auch nicht erstaunlich, wenn die Medienschaffenden den VCS bereits vor einem Jahr fragten, ob oder unter welchen Bedingungen die öV-Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurück gezogen werden könnte.

Im Moment kann davon nicht im Geringsten die Rede sein. FABI und STEP bieten eine gute Ausgangslage, um die künftige Finanzierung des öffentlichen Verkehrs zu diskutieren. Beide Projekte sind jedoch mit zu vielen Mängeln behaftet, als dass der VCS und seine Partnerorganisationen an einen Rückzug der Initiative denken könnten.

Keine Perspektiven

Der Hauptmangel: FABI und STEP zeigen im Gegensatz zur öV-Initiative keine Perspektiven für eine umweltgerechtere Verkehrspolitik auf. Denn in der Diskussion um die künftige Verkehrsfinanzierung geht es um weit mehr als nur um Geld. Es geht letztlich um die Frage, wie wir die Verkehrsströme bewältigen und deren weiteres Wachstum eindämmen wollen. Wo und wie wir Geld im Verkehr investieren, entscheidet darüber, welche Verkehrsträger gefördert werden und wie die Verkehrsströme

fliessen. Denn der Verkehr reagiert angebotsorientiert: Dort, wo neue Angebote – also neue Strassen

oder zusätzliche Züge – entstehen, werden diese auch genutzt.

Wie wir uns hier entscheiden, hat weit reichende Folgen. Denn mehr als ein Drittel unseres gesamten Endenergieverbrauchs entfällt auf den Verkehr, rund 40 Prozent unserer CO2-Emissionen werden im Verkehr verzeichnet. Doch lediglich 1,7 Prozent des Energieverbrauchs und nur 0,2 Prozent der CO2­Emissionen im Verkehr werden von der Bahn verursacht.

Im Klartext heisst dies: Der Strassenverkehr verbraucht Unmengen an fossilen Energien, belastet das Klima in enormem Masse und führt zu einem ausserordentlichen Bodenverschleiss. Dies sind Fakten, die niemand leugnen kann und die – ausser der SVP – auch niemand mehr leugnet.

Die Verkehrspolitik muss Lösungen skizzieren, um diese Probleme in den Griff zu kriegen. Der Energiewende muss auch eine Wende in der Verkehrspolitik folgen. Und der Entscheid, aus der Atomenergie auszusteigen, hat gezeigt, dass solche Veränderungen machbar sind. Jahrzehntelang predigte die Atomlobby, ein Ausstieg sei nicht machbar. Als das Parlament unter dem Eindruck der Katastrophe in Fukushima trotzdem den Ausstieg beschloss, zeigte sich plötzlich, dass der Ausstieg sehr wohl machbar ist, wenn er gut vorbereitet wird. Und in genau dieser Weise ist auch eine Wende in der Verkehrspolitik möglich.

Gleich lange Spiesse

Die öV-Initiative zeigt einen solchen Weg auf: Sie will die Einnahmen der zweckgebundenen Mineralölsteuer künftig hälftig für den öffentlichen Verkehr und für die Strasse verwenden. Heute fliessen dagegen ganze drei Viertel dieser Einnahmen in den Bau neuer Strassen. Für den öffentlichen Verkehr stünden damit jährlich rund 850 Millionen Franken mehr zur Verfügung. Mit diesen Geldern könnte das Schienennetz rasch und umfassend ausgebaut werden.

Die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes und der künftige Unterhalt der Autobahnen ist dadurch nicht gefährdet. Der unbeschränkte Bau neuer Autobahnen wäre dagegen in der Tat nicht mehr möglich. Manch einem mag dies als Schreckgespenst erscheinen, doch schauen wir den Tatsachen ins Auge: Die Verkehrsströme werden in nächster Zeit sicher nicht abnehmen; im besten Fall werden sie stagnieren. Gleichzeitig müssen wir Wege finden, um den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss des Verkehrs zu vermindern. Und wir müssen uns gut überlegen, wie wir mit den knappen Landreserven am besten umgehen.

Dem öffentlichen Verkehr gehört die Zukunft

Die Antworten darauf liefert der öffentliche Verkehr: Züge verbrauchen mit ihren Elektromotoren pro Personenkilometer sechs Mal weniger Energie als die Verbrennungsmotoren der Autos. Züge stossen auch kein CO2 aus. Und Züge verbrauchen neun Mal weniger Raum, um dieselbe Zahl an Passagieren zu transportieren wie die Strasse.

Fakt ist: Wir sind heute in einem Mass mobil, das man mit Fug und Recht als ungesund bezeichnen kann. Wir pendeln zur Arbeit – oft mit dem Auto, wir unternehmen in der Freizeit zahlreiche Ausflüge – oft mit dem Auto, wir fahren zwei bis drei Mal im Jahr in die Ferien – mit dem Auto oder mit dem Flugzeug. Diese masslose Mobilität noch weiter auszudehnen, ist nicht zukunftsträchtig. Ebenso wenig, wie das Auto in seiner heutigen Form eine Zukunft hat. Die Erdölreserven gehen unaufhaltsam zur Neige, und Elektroautos sind trotz den Beteuerungen der Automobilhersteller nicht ohne weiteres der Ausweg aus diesem Dilemma.

Die Zukunft gehört deshalb dem öffentlichen Verkehr. Und nur eine Wende in der Verkehrspolitik, eine entschiedene Förderung des öffentlichen Verkehrs, eine Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene kann eine Mobilität hervor bringen, die unseren Kindern und Kindeskindern nicht endgültig über den Kopf wächst.

Diesen Weg zeigt die öV-Initiative auf. Die Neuverteilung der zweckgebundenen Mineralölsteuer-Einnahmen würde es ermöglichen, den öffentlichen Verkehr rasch auszubauen und so die Grundlage für eine Verlagerung des Verkehrs zu schaffen. Realistisch wäre ein jährliches Wachstum des Anteils des öffentlichen Verkehrs von einem Prozent. Sein Anteil würde so bis 2025 von heute 21 auf 35 Prozent ansteigen.

FABI: der altbekannte Weg

FABI und STEP dagegen verfolgen jenen Weg weiter, den die Schweiz in der Verkehrspolitik seit jeher beschreitet. Die Bahn wird ausgebaut, parallel dazu werden aber auch laufend neue Strasse erstellt oder alte ausgebaut. Und zwar in weit grösserem Mass, denn in den letzten Jahrzehnten floss ausser 2005 immer mehr Geld in die Strasse als in die Schiene.

Diese Mängel werden noch dadurch verstärkt, dass der Bundesrat die Bahnfahrenden zur Kasse bitten will, um den Ausbau des Schienennetzes zu finanzieren. Er will die Trassenpreise erhöhen, welche die Bahnunternehmen für die Benutzung des Schienennetzes zahlen. Diese Mehrkosten werden die Unternehmen auf ihre Kundschaft überwälzen. Eine erste Tranche an Trassenpreiserhöhungen hat der Bundesrat beschlossen, eine zweite soll folgen. Weil gleichzeitig die SBB zusätzliche Erhöhungen plant, um neue Züge zu kaufen, drohen die Preise zu explodieren. Die Tarife könnten in den nächsten sechs Jahren um bis zu 27 Prozent steigen. Damit würden zahlreiche Kundinnen und Kunden vergrault. Denn derart einseitige Erhöhungen des Bahnfahrens sind der beste Anreiz, damit wieder mehr Leute das Auto benutzen.

Weiter will der Bundesrat mit FABI den «NEAT-Viertel» – jenen Anteil der Spezialfinanzierung Strassenverkehr, der für Eisenbahn-Grossprojekte reserviert ist – ab 2027 wieder für den Bau neuer Strassen verwenden. Das STEP-Programm unternimmt zudem bloss zögerliche erste Schritte: Trotz überfüllter Züge will der Bundesrat für die erste Ausbauetappe bloss 3,5 Milliarden statt der notwendigen 5 bis 8 Milliarden investieren.

Angesichts all dieser Mängel kann keine Rede davon sein, die öV-Initiative zurück zu ziehen. FABI ist mit derart grossen Mängeln behaftet, dass die Initiative in einer Abstimmung gute Chancen hätte. Denn 27 Prozent höhere Bahnpreise in wenigen Jahren wird die Kundschaft empfindlich im eigenen Portemonnaie spüren. Es besteht deshalb die Gefahr, dass wieder mehr Leute den eigenen Wagen benutzen – vor allem, wenn das Autofahren im selben Zeitraum gleich billig bleibt.

  

 

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