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Artikel Erneuerbare Energien 22.8.06 Energiepolitik: Lobbyisten
als Bremse Eine kostendeckende Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Quellen ähnlich dem deutschen Modell wurde im Nationalrat gut geheissen. Zudem hat die Grosse Kammer im Juni beschlossen, dass die CO2-Abgabe auf Treib- und Brennstoffe eingeführt wird, falls die Ziele des Kyoto-Protokolls nicht rechtzeitig erfüllt werden. Stimmt nun auch noch der Ständerat diesen zwei Vorlagen zu, könnte der Eindruck entstehen, die Schweiz befinde sich energiepolitisch auf dem richtigen Weg. Der Eindruck täuscht leider. Die Schweizer Energiepolitik ist nicht ehrgeizig genug, um die Herausforderungen, denen wir in Sachen Klima und Endlichkeit gewisser Energiequellen gegenüberstehen, zu meistern. Sie wird bestimmt durch kleine Schritte, bescheidene Anreize und freiwillige Massnahmen. Das genügt jedoch nicht: 1. Bei der Erzeugung von Elektrizität beschränken sich die Ziele auf 5 oder 6 TWH zusätzliche erneuerbare Energie. Die Folgen sind offensichtlich: Die fehlende Elektrizität wird in Form von ausländischem Atomstrom oder Strom aus fossilen Quellen importiert. 2. Die Massnahmen zur Effizienzsteigerung im Elektrizitätsbereich sind ungenügend: Immer noch werden Geräte in Betrieb genommen, deren Verbrauch nicht der A-Klasse entspricht, und immer noch werden 6 bis 8 Prozent der Elektrizität für Widerstandsheizungen verbraucht. Das ist heute unsinnig, da die Nutzung von Sonnenenergie, Wärmepumpen und Holzenergie ausgereifte Technologien sind. 3. Minergie- und ähnliche Standards sind immer noch Nischenprodukte: Die meisten Gebäude werden gebaut oder saniert, ohne dass der Energiekonsum von Grund auf optimiert wird. Jahrzehnte der Energieverschleuderung sind vorprogrammiert. 4. Die CO2-Abgabe nimmt die Treibstoffe aus, obwohl es offensichtlich ist, dass wir in diesem Bereich die Ziele des Kyoto-Protokolls nicht erreichen werden. Die freiwilligen Massnahmen genügen nicht. Der «Klimarappen I» ist sogar kontraproduktiv: Die Ölimporteure wollen, dass die Reduktion der Emissionen im Ausland erfolgt, damit sie ihren Schweizer Markt beibehalten können. Das von Bund und Importeuren unterzeichnete Abkommen über den Benzinverbrauch von Neuwagen pro Kilometer wird zudem immer noch nicht eingehalten. Im Schnitt verbrauchen Neuwagen 7,7 Liter auf 100 km, mehr als doppelt so viel wie die besten Modelle. Dies ist kein Wunder angesichts der massiven Werbung für solch benzinfressende Autos. 5. Die CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe wird nur 16% des vom Parlament im Jahr 1999 beschlossenen Maximums betragen. Die Geringfügigkeit der Abgabe (9 Rp. pro Liter Heizöl im Jahr 2010) wird nicht erlauben, einen massiven Substitutionstrend in Richtung besserer Heizungstechniken auszulösen Diese Mängel haben eine politische Erklärung: Alle Vertreter alter Technologien verfügen über ihre gut funktionierende Lobby! Die Erdölvereinigung genauso wie die Dachverbände der Elektrizitätswerke, die Strassentransporteure genauso wie die Autoimporteure und die Immobilienbesitzer. Sie versuchen, ihre etablierten Technologien zu bewahren, weil sie ihnen im Moment noch Vorteile bieten. Dabei sind sie extrem kurzsichtig und unfähig zu sehen, dass der Übergang zu neuen Technologien langfristig wirtschaftlich interessanter wäre, sowohl für sie selbst als auch für die ganze Gesellschaft. Jede dieser Gruppen besitzt eine «Gelddruckmaschine», mit der sie Lobbyisten finanziert, die in den Vorzimmern der Verwaltung und der Wandelhalle des Parlamentes ihren Einfluss ausüben. Mit ihren finanziellen Mitteln können sie wenn nötig Rechtsparteien, Abstimmungskampagnen und einzelne Wahlkämpfe finanzieren. Dies erklärt, weshalb die Sozialdemokraten und die Grünen es so schwer haben, im rechten Lager Verbündete für den Bereich Energie zu finden: Moderate Stimmen müssen stets aus dem Griff einer Lobby befreit werden. Es ist also unabdingbar, die Position der erneuerbaren Energien zu stärken. Und die Wählerinnen und Wähler sind aufgefordert, 2007 die richtigen Entscheide zu treffen.
Energies renouvelables 22.8.06
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Contact: Roger Nordmann, Rue de l'Ale 25, 1003 Lausanne, Twitter @NordmannRoger 1.04.2017 |